THCP ist kein Mythos, kein Marketing-Trick und auch kein neuer Party-Droge. Es ist ein natürlich vorkommendes Cannabinoid - und es ist bis zu 30-mal stärker als herkömmliches THC. Doch wer hat es wirklich entdeckt? Und warum wurde diese Entdeckung erst 2019 öffentlich bekannt, obwohl Cannabispflanzen seit Jahrhunderten genutzt werden?
Die Entdeckung von THCP: Ein Team aus Italien
THCP wurde erstmals identifiziert und charakterisiert von einem Forscherteam der Universität Modena und Reggio Emilia in Italien. Die Studie wurde im Dezember 2019 im Fachjournal Scientific Reports veröffentlicht. Die Leitung hatte der Chemiker Giuseppe Cannazza, gemeinsam mit Kollegen wie Alessia Ligresti und Andrea Piomelli. Sie arbeiteten an der Analyse einer italienischen Cannabis-Sorte namens CFM-1, die für medizinische Forschung gezüchtet wurde.
Die Forscher verwendeten hochauflösende Massenspektrometrie und NMR-Spektroskopie, um die chemische Struktur von Cannabinoiden zu entschlüsseln. Dabei stießen sie auf eine bisher unbekannte Verbindung mit einer siebengliedrigen Seitenkette - statt der üblichen fünf. Diese Struktur erinnerte an THC, war aber länger. Sie nannten sie Tetrahydrocannabiphorol, kurz THCP.
Warum ist THCP so stark?
Die Wirkung von Cannabinoiden hängt stark davon ab, wie gut sie an die CB1-Rezeptoren im Gehirn binden. Diese Rezeptoren sind wie Schlösser, und THC ist der passende Schlüssel. Doch THCP hat einen längeren "Schlüssel" - eine siebengliedrige Seitenkette statt fünf. Längere Seitenketten binden fester an CB1-Rezeptoren. In Laborversuchen zeigte THCP eine Bindungsaffinität von bis zu 33-mal höher als THC. Das bedeutet: Weniger THCP reicht aus, um eine starke Wirkung zu erzeugen.
Doch Stärke bedeutet nicht automatisch mehr Rausch. In Tierstudien zeigte THCP eine ähnliche Wirkung wie THC - aber mit deutlich geringerer Dosis. Das deutet darauf hin, dass es nicht nur stärker, sondern auch effizienter ist. Es könnte erklären, warum manche Cannabis-Sorten trotz niedrigem THC-Gehalt extrem stark wirken.
THCP kommt natürlich vor - aber in winzigen Mengen
THCP ist nicht künstlich hergestellt. Es entsteht natürlicherweise in bestimmten Cannabis-Pflanzen. Allerdings nur in winzigen Konzentrationen: typischerweise weniger als 0,1 % des gesamten Cannabinoid-Gehalts. In der Sorte FM-1, die die italienischen Forscher untersuchten, lag es bei 0,004 %. Andere Sorten wie Durban Poison oder AC/DC enthalten ebenfalls Spuren, aber nie genug, um allein für die Wirkung verantwortlich zu sein.
Das macht THCP zu einem "Silent Player" im Cannabis-System. Es wirkt nicht als Hauptdroge, sondern als Verstärker - ähnlich wie andere seltene Cannabinoide wie CBDP oder CBC. Es könnte sein, dass viele starke Cannabis-Erlebnisse nicht nur auf THC zurückzuführen sind, sondern auf die Kombination aus THC, THCP und anderen Spurenstoffen.
THCP vs. THC: Was ist der Unterschied?
| Merkmale | THCP | THC |
|---|---|---|
| Chemische Struktur | 7-gliedrige Seitenkette | 5-gliedrige Seitenkette |
| Bindungsstärke an CB1-Rezeptor | 30-33-fach höher als THC | Referenzwert (1x) |
| Natürliche Vorkommen | Spuren (unter 0,1 %) | Hoch (bis zu 30 % in modernen Sorten) |
| Wirkungsdauer | Unklar - möglicherweise länger | 2-4 Stunden |
| Rechtlicher Status (Deutschland, 2025) | Verboten als Anlage II Betäubungsmittel | Verboten, außer in medizinischen Fällen |
THCP ist kein Ersatz für THC - es ist ein Komplement. Es könnte die Wirkung von THC verstärken, ohne selbst in hohen Mengen vorzukommen. Das erklärt, warum viele Nutzer von "hochpotenten" Sorten berichten, dass sie sich "anders" anfühlen, obwohl der THC-Gehalt nicht besonders hoch ist.
Wie wurde THCP entdeckt - und warum erst 2019?
Cannabis-Forschung wurde jahrzehntelang durch strenge Gesetze behindert. In den 1970er Jahren identifizierten Wissenschaftler THC und CBD. Danach kam jahrzehntelang kaum neue Forschung dazu. Die Technik, um winzige Mengen neuer Cannabinoide zu finden, war nicht verfügbar. Massenspektrometer, die heute Standard sind, waren damals zu teuer, zu ungenau oder nicht zugänglich.
Erst mit der Digitalisierung der Analysetechnik und der Aufweichung der Forschungsbeschränkungen in einigen Ländern (wie Italien, Kanada und den USA) wurde es möglich, tiefer in die chemische Vielfalt von Cannabis zu schauen. Die Entdeckung von THCP war kein Zufall - sie war das Ergebnis systematischer Forschung, die sich auf die "Minor Cannabinoids" konzentrierte.
Andere Spurenstoffe wie CBN, CBC und THCV wurden schon früher gefunden - aber THCP war der letzte große Fund, der die Wissenschaft überraschte.
Was bedeutet THCP für die Zukunft von Cannabis?
THCP verändert die Art, wie wir Cannabis verstehen. Es zeigt: Was wir als "stark" bezeichnen, ist oft nicht nur THC. Es ist ein Gemisch aus mehreren Cannabinoiden, Terpenen und Flavonoiden - dem sogenannten "Entourage-Effekt". THCP könnte ein Schlüssel sein, um zu verstehen, warum einige Sorten so viel stärker wirken als andere, obwohl sie dieselbe THC-Konzentration haben.
Für die Medizin könnte THCP interessant sein - besonders bei Schmerztherapie oder Appetitanregung. Aber es ist auch ein Risiko. Da es so stark ist, könnte es bei unerfahrenen Nutzern zu übermäßiger Wirkung führen: Angstzustände, Verwirrung, Tachykardie. In Deutschland ist THCP seit 2021 als Anlage-II-Betäubungsmittel verboten - genau wie THC. Kein Produkt mit THCP darf legal verkauft werden.
Die Industrie versucht jedoch, THCP in synthetischer Form zu produzieren und als "legal high" zu vermarkten - oft unter falschen Namen wie "THC-P" oder "Delta-9-P". Diese Produkte sind nicht kontrolliert, können mit Schwermetallen oder toxischen Lösungsmitteln verunreinigt sein und stellen eine ernsthafte Gesundheitsgefahr dar.
Was bleibt: Die Wissenschaft hat noch viel zu tun
THCP ist kein Endpunkt - es ist ein Anfang. Es hat gezeigt, dass Cannabis noch viel mehr zu bieten hat, als wir dachten. Forscher untersuchen jetzt, ob es weitere Cannabinoide mit noch längeren Seitenketten gibt - etwa THCH (mit acht Gliedern) oder THCB (mit sechs). Die chemische Vielfalt der Pflanze ist weitaus größer als je angenommen.
Die Entdeckung von THCP ist ein Beispiel dafür, wie moderne Wissenschaft alte Pflanzen neu entdeckt. Es ist kein Geheimnis, das lange verborgen war - es war einfach zu klein, um gesehen zu werden. Jetzt, wo wir es sehen, verändert es unser Verständnis von Cannabis für immer.
Ist THCP legal in Deutschland?
Nein. THCP ist seit 2021 als Anlage-II-Betäubungsmittel in Deutschland verboten. Es gilt als gleichwertig mit THC und unterliegt dem gleichen rechtlichen Rahmen. Der Verkauf, die Herstellung oder der Besitz von THCP ist strafbar, auch wenn es synthetisch hergestellt wurde.
Kann man THCP in normalen Cannabis-Sorten finden?
Ja, aber nur in winzigen Spuren - meist unter 0,1 %. Es kommt natürlich in einigen Sorten vor, wie FM-1, Durban Poison oder AC/DC. Es ist jedoch nicht genug vorhanden, um allein für die Wirkung verantwortlich zu sein. Die Wirkung entsteht durch die Kombination mit anderen Cannabinoiden.
Warum wurde THCP erst 2019 entdeckt?
Weil die Technik, um so kleine Mengen in komplexen Pflanzenextrakten zu identifizieren, erst in den letzten Jahren ausreichend präzise wurde. Frühere Analysen konnten THCP nicht von THC unterscheiden. Mit moderner Massenspektrometrie und NMR-Spektroskopie konnten italienische Forscher die Struktur erstmals eindeutig bestimmen.
Ist THCP gefährlicher als THC?
Es ist potenziell gefährlicher, weil es viel stärker wirkt - bereits winzige Mengen können starke psychoaktive Effekte auslösen. Bei unerfahrenen Nutzern kann das zu Panik, Herzrasen oder Verwirrung führen. Synthetische Versionen aus dem Darknet sind oft verunreinigt und stellen ein zusätzliches Risiko dar.
Wird THCP in medizinischen Produkten verwendet?
Nein. Es gibt derzeit keine zugelassenen medizinischen Produkte mit THCP. Die Forschung ist noch in den Anfängen. Ob es jemals therapeutisch eingesetzt werden könnte, ist unklar - vor allem wegen der starken psychoaktiven Wirkung und der rechtlichen Hürden.