Was war der ursprüngliche Name für Marihuana?

Von Lukas Steinbacher    An 4 Dez, 2025    Kommentare (0)

Was war der ursprüngliche Name für Marihuana?

Bevor es Marihuana hieß, war die Pflanze unter ganz anderen Namen bekannt - und diese Namen verraten mehr über ihre Herkunft, als viele glauben. Die Bezeichnung „Marihuana“ ist nicht uralt, auch nicht mexikanisch, wie oft angenommen wird. Sie ist ein Relikt aus einer Zeit, in der Cannabis noch nicht als Droge, sondern als Heilmittel, Faserpflanze und rituelles Mittel genutzt wurde. Die wahre Geschichte beginnt in Asien, Tausende von Jahren vor der Kolonialisierung der Neuen Welt.

Die Wurzeln des Cannabis: Von China bis Indien

Die frühesten Belege für den Gebrauch von Cannabis stammen aus China, etwa 5000 Jahre vor Christus. In den Schriften des chinesischen Arztes Shen Nung, dem legendären Vater der traditionellen chinesischen Medizin, wird die Pflanze als „Ma“ bezeichnet - ein einfaches, zweisilbiges Wort, das sich auf die Faser der Pflanze bezog. „Ma“ bedeutet wörtlich „Gewebefaser“ und wurde auch für Leinen und andere textil nutzbare Pflanzen verwendet. Doch Shen Nung beschrieb „Ma“ nicht nur als Stoffquelle - er notierte auch seine wärmenden, schmerzlindernden und beruhigenden Eigenschaften. Das war der erste dokumentierte medizinische Einsatz von Cannabis in der Menschheitsgeschichte.

In Indien, wo die Pflanze ebenfalls seit Jahrtausenden wuchs, nannte man sie „Bhang“. Dieser Name ist noch heute in Teilen Südasiens gebräuchlich, besonders in der Zubereitung als Getränk - ein heißer, milchiger, mit Gewürzen versetzter Tee, der bei religiösen Festen wie Holi getrunken wird. „Bhang“ ist kein Name für die Blüten, sondern für die gemahlenen Blätter und Samen, die mit Milch und Gewürzen vermischt werden. Es ist kein „Rauschmittel“ im modernen Sinne, sondern ein rituelles, heiliges Getränk. In den Veden, den ältesten hinduistischen Schriften, wird „Bhang“ als „Glück verleihendes Gras“ beschrieben - ein Zeichen dafür, dass die Wirkung damals schon bekannt war, aber nicht pathologisiert wurde.

Die arabische Brücke: Hashish und die Verbreitung nach Europa

Im 8. Jahrhundert n. Chr. verbreitete sich Cannabis mit den arabischen Händlern und Eroberern nach Nordafrika und dem Mittelmeerraum. Die Araber entwickelten eine neue Form der Nutzung: Sie trockneten die Blüten, zermahlten sie und verarbeiteten sie zu einem klebrigen, harzigen Produkt - hashish. Das Wort stammt aus dem Arabischen „ḥashīsh“, was wörtlich „Trockengras“ bedeutet. Es war kein Name für die Pflanze als Ganzes, sondern für das extrahierte Harz, das stark wirkt. In Ägypten, Persien und später im Osmanischen Reich wurde Hashish als Medizin, aber auch als Rauschmittel genutzt. Die ersten Berichte über „Hashish-Esser“ aus dem 11. Jahrhundert stammen aus dem persischen Gelehrten al-Masudi, der über eine geheime Sekte berichtete, die das Harz nutzte, um Visionen zu erleben.

Erst im 19. Jahrhundert gelangte Hashish nach Europa, als französische Soldaten aus Ägypten zurückkehrten. Schriftsteller wie Théophile Gautier und Charles Baudelaire beschrieben die Wirkung in ihren Tagebüchern. Doch in Europa blieb „Hashish“ der Name für das Harz - nicht für die Pflanze selbst. Die Pflanze selbst wurde weiterhin als „Cannabis sativa“ bezeichnet, der wissenschaftliche Name, der 1753 von Carl Linnaeus festgelegt wurde. Bis heute ist „Cannabis“ die korrekte botanische Bezeichnung - und die einzige, die in medizinischen und wissenschaftlichen Kontexten verwendet wird.

Wie kam „Marihuana“ in die USA?

Der Name „Marihuana“ tauchte erstmals in den USA in den 1930er Jahren auf - und zwar nicht aus der mexikanischen Sprache, wie oft behauptet, sondern aus einer Mischung aus mexikanischem Spanisch und amerikanischer Propaganda. In Mexiko hieß die Pflanze „marihuana“ oder „mariguana“, ein umgangssprachlicher Begriff, der wahrscheinlich aus dem Spanischen „maría“ und dem chinesischen „ma“ abgeleitet wurde - eine sprachliche Verschmelzung, die durch Migranten und Arbeiter entstand. Doch in den USA wurde der Name bewusst verwendet, um die Pflanze als „fremd“ und „gefährlich“ darzustellen.

Harry Anslinger, der erste Chef der US-amerikanischen Drogenbehörde, nutzte den Begriff „marihuana“ gezielt in seinen Kampagnen, um Angst zu schüren. Er sprach nicht von „Cannabis“, sondern von „marihuana“, weil das Wort für weiße Amerikaner unvertraut und „exotisch“ klang. In Zeitungen wurde berichtet, dass „Marihuana“ zu Wahnsinn, Gewalt und sexueller Entartung führe - alles Lügen, die auf rassistischen Vorurteilen basierten, besonders gegen mexikanische und afroamerikanische Gemeinschaften. Der „Marihuana Tax Act“ von 1937 war das erste Bundesgesetz, das Cannabis in den USA kriminalisierte - und es nutzte bewusst den Begriff „marihuana“, um ihn von der medizinischen und landwirtschaftlichen Nutzung zu trennen.

Indische Gläubige reichen Bhang-Getränk bei einem religiösen Fest bei Dämmerung.

Warum wurde „Cannabis“ verdrängt?

Bevor 1937, wurde Cannabis in den USA als „hemp“ (Hanf) oder „cannabis“ bezeichnet - und es war ein weit verbreitetes Heilmittel. Apotheken führten Cannabis-Tinkturen, Ärzte verschrieben sie gegen Schmerzen, Epilepsie und Schlafstörungen. Die Faserpflanze Hanf war eine der wichtigsten Rohstoffe für Seile, Papier und Textilien. Der Name „marihuana“ diente also nicht der Genauigkeit, sondern der Stigmatisierung. Er sollte die Pflanze von ihrer medizinischen und wirtschaftlichen Bedeutung abschneiden und sie als „Droge“ neu definieren.

Heute wissen wir: „Marihuana“ ist kein wissenschaftlicher, kein historischer, kein natürlicher Name - er ist ein politisches Werkzeug. Die echten, ursprünglichen Namen - „Ma“, „Bhang“, „Hashish“ - beschreiben nicht nur die Pflanze, sondern auch ihre kulturelle Bedeutung. Sie erzählen von Heilung, Ritual, Arbeit und Spiritualität. „Marihuana“ hingegen erzählt von Angst, Kontrolle und Verbot.

Was wird heute verwendet?

In Deutschland und Europa wird heute fast ausschließlich „Cannabis“ verwendet - in der Medizin, in der Forschung, in der Gesetzgebung. In der deutschen Sprache gibt es keine umgangssprachliche Bezeichnung, die so stark belastet ist wie „Marihuana“ im Englischen. Die Bezeichnung „Hanf“ bezieht sich meist auf die Faser- oder Saatpflanze, nicht auf die blühenden Teile mit hohem THC-Gehalt. In der medizinischen Versorgung spricht man von „Cannabisblüten“ oder „Cannabispräparaten“. In der Wissenschaft ist „Cannabis sativa“ der Standard.

Einige Länder wie Kanada oder die USA (in Bundesstaaten mit Legalisierung) verwenden heute „marijuana“ im Alltag - aber immer mit dem Bewusstsein, dass es ein kulturell und historisch belasteter Begriff ist. In der EU und in der WHO wird „Cannabis“ als einziger korrekter und neutrales Term geführt.

1930er Zeitungsredaktion mit propagandistischen Headlines und verschwindenden historischen Namen.

Warum ist die Namenswahl wichtig?

Die Bezeichnung einer Sache formt, wie wir sie wahrnehmen. Wenn man „Marihuana“ sagt, denkt man an Kriminalität, Rausch, Verbot. Wenn man „Cannabis“ sagt, denkt man an eine Pflanze - mit Wurzeln, Wirkstoffen, Anwendungen. „Bhang“ erinnert an Fest und Gemeinschaft. „Hashish“ an Kunst, Handwerk und Tradition. „Ma“ an Heilung und Antike.

Die ursprünglichen Namen sind keine alten Wörter - sie sind Zeugen einer anderen Beziehung zwischen Mensch und Pflanze. Eine, die nicht von Angst, sondern von Wissen, Respekt und Erfahrung geprägt war. Wer den Namen „Marihuana“ nutzt, nutzt eine Erfindung der Prohibition - nicht die Wahrheit der Geschichte.

Was war also der ursprüngliche Name?

Es gibt keinen einzigen ursprünglichen Namen. Die Pflanze wurde in verschiedenen Kulturen unterschiedlich benannt. Der älteste bekannte Name ist „Ma“ aus China. Der kulturell tiefste Name ist „Bhang“ aus Indien. Der technisch präzise Name ist „Cannabis sativa“. „Marihuana“ ist ein moderner, politischer Begriff - kein historischer. Wer die Wahrheit sucht, muss die alten Namen hören - nicht die, die zum Verbot erfunden wurden.

Warum wird „Marihuana“ oft als mexikanischer Name bezeichnet?

Weil der Begriff in den 1930er Jahren in den USA durch mexikanische Migranten populär wurde - aber er ist nicht mexikanischen Ursprungs. Er entstand aus einer Mischung aus spanischen und asiatischen Einflüssen und wurde bewusst von US-Behörden genutzt, um die Pflanze als „fremd“ darzustellen. In Mexiko selbst war der Begriff nie der Hauptname, sondern ein umgangssprachlicher Ausdruck.

Gibt es noch heute Kulturen, die „Bhang“ oder „Hashish“ verwenden?

Ja. In Indien wird „Bhang“ bei religiösen Festen wie Holi und Shivratri traditionell als Getränk konsumiert. In Nordafrika und dem Nahen Osten wird „Hashish“ weiterhin hergestellt und genutzt - oft in handwerklicher Qualität. In der Türkei, Marokko und Libanon gibt es seit Jahrhunderten spezialisierte Produzenten, die das Harz nach traditionellen Methoden verarbeiten.

Ist „Cannabis“ der korrekte wissenschaftliche Name?

Ja. „Cannabis sativa“ ist der botanische Name, der 1753 von Carl Linnaeus vergeben wurde und bis heute in der Wissenschaft, Medizin und Gesetzgebung weltweit verwendet wird. Alle anderen Begriffe - Marihuana, Hashish, Bhang - sind kulturelle oder umgangssprachliche Bezeichnungen für Teile oder Zubereitungen der Pflanze.

Warum wird „Hanf“ nicht als Synonym für Marihuana verwendet?

Weil „Hanf“ in der deutschen Sprache meist die Faser- oder Saatpflanze bezeichnet - also Cannabis mit niedrigem THC-Gehalt. Marihuana bezieht sich auf blühende Teile mit hohem THC. Obwohl es dieselbe Pflanzenart ist, wird der Begriff „Hanf“ rechtlich und kulturell von „Marihuana“ getrennt - besonders in der EU, wo Hanf als Landwirtschaftsprodukt zugelassen ist, aber Cannabis mit hohem THC reguliert wird.

Welche Namen sollten wir heute verwenden?

In wissenschaftlichen und medizinischen Kontexten: „Cannabis“. In kulturellen oder historischen Kontexten: „Bhang“, „Hashish“, „Ma“. In der Alltagssprache: „Cannabis“ oder „Cannabisblüten“. „Marihuana“ sollte vermieden werden, da es ein politischer Begriff ist, der auf Angst und Stigmatisierung basiert - nicht auf Wissen.